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Rüstung zur Verteidigung von Rohstoffen: Brasilien redet Klartext

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In Europa wird zu Recht oftmals bemängelt, dass es der verteidigungspolitischen und strategischen Debatte an Klarheit, Deutlichkeit, Weitsichtigkeit und Zielorientierung fehle. Insbesondere in Deutschland tut man sich schwer, von nationalen Interessen und deren Verteidigung, auch mit militärischen Mitteln, zu sprechen. So kann gerade der allgemeinen Öffentlichkeit die Notwendigkeit von Sicherheitspolitik oft kaum greifbar gemacht werden. In anderen Teilen der Erde sieht das zuweilen anders aus. Ein interkultureller Blick über den europäischen Horizont hinaus in Richtung Südamerika offenbart da interessante Einblicke in ganz andere Mentalitäten, Selbstverständnisse und strategische Bedürfnisse.

Die nun näher zu betrachtende Reuters-Meldung im Defenceweb für sich allein löst wenig Verwunderung aus: Der brasilianische Verteidigungsminister Celso Amorim stellte jüngst fest, dass das Bedürfnis Brasiliens steige, seine Grenzen, den Regenwald und die Offshore-Ölreserven zu sichern. Dies soll nachhaltig durch eine Anhebung der Militärausgaben auf insgesamt 2% der wirtschaftlichen Gesamtleistung realisiert werden. Es soll ferner verhindert werden, dass die nationale Versorgung mit Nahrung, Wasser und Energie einem “scramble for natural ressources” zum Opfer falle. Zur Sicherung des Wirtschaftswachstums und der Prosperität müsse man auf Eingriffe von außen vorbereitet und zu deren Abwehr bereit sein.

Nichts weltbewegendes, wenn man sich vor Augen führt, dass die USA oder Russland weit über 4% ihrer wirtschaftlichen Gesamtleistung für das Militär ausgeben. Brasilien möchte sich dennoch an Staaten wie Indien oder China ausrichten, auch und gerade auf militärischem Gebiet. In Zahlen ausgedrückt soll das heißen, dass das Militärbudget von umgerechnet circa 30,5 Milliarden US-Dollar im Jahre 2011 nicht länger ausreicht. Vor allem neue Waffensysteme und moderne Ausrüstung sollen beschafft werden. Dabei soll, so wird von brasilianischer Seite betont, das lokale Machtgefüge nicht gestört werden. Brasilien habe sich seit dem 19. Jahrhundert friedlich und partnerschaftlich gegenüber seinen Nachbarstaaten gezeigt, was sich künftig auch nicht ändern soll.

Dennoch: Dass derartige öffentliche Aussagen in Brasilien formuliert werden und dass derartige Planungen explizit Umsetzung finden, zeugt von einer klaren Positionierung der brasilianischen Strategie für die mittel- und langfristige Zukunft. Rohstoffe werden knapp. Damit werden sie auch begehrt. Staaten, die glücklicherweise über Rohstoffvorkommen auf ihrem Staatsgebiet verfügen, werden an politischem Einfluss gewinnen. Deutschland etwa, zählt nicht in diesen Kreis. Schlechterdings haben diese Staaten mit Rohstoffvorkommen, neben Brasilien auch China, Indien oder Russland erkannt, wie wichtig eine nachhaltige Sicherung dieser Vorkommen für die Zukunft sein wird. Diese Erkenntnis legitimiert Rüstung auf eine neue und eindrückliche Art und Weise. Man wappnet sich gegen einen befürchteten Kampf um Rohstoffe und versucht ein möglichst hohes Maß an rohstoff- und energiepolitischer Unabhängigkeit zu etablieren. Abrüstung erscheint vor dieser dunklen Zukunftsperspektive dabei als äußerst unrealistisch. Wann auch Europa Strategien entwickelt, Energiequellen und Rohstoffe langfristig zugänglich zu halten, bleibt offen. Die Lage muss hier sogar noch als deutlich prekärer angesehen werden: Europa kann kaum mit international gefragten Rohstoffen dienen. Zwar werden Effizienzsteigerungen und Ressourcensparsamkeit das Problem zumindest leicht entzerren. Der Appell für eine nachhaltige Ressourcenpolitik verhallt jedoch nicht.


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